Elternschaft in Achtsamkeit

Mit Achtsamkeit und Haltung den eigenen Erziehungsstil wählen

Elternschaft mit einem autistischen Kind

Ein autistisches Kind zu begleiten lädt uns oft dazu ein, innezuhalten, uns zu dehnen – und in Richtungen zu wachsen, die wir nie erwartet hätten. Es gibt kein Handbuch. Aber es gibt Sinn.

Während du die besondere Art und Weise kennenlernst, wie dein Kind sich durch die Welt bewegt, ist diese Reise auch eine Einladung, mehr über dich selbst zu erfahren – wie du reagierst, wie du führst, und welche Werte du als Elternteil leben möchtest.

Dein Erziehungsstil – also wie du Wärme, Struktur und emotionale Präsenz in Balance bringst – prägt das Gefühl deines Kindes von Sicherheit, Verbindung und Selbstwert. Es geht nicht darum, alles „richtig“ zu machen. Es geht darum, wahrzunehmen, was wirklich zählt, flexibel zu bleiben und die Eltern zu sein, die du sein möchtest – auch (und gerade) wenn es schwer ist.

Ein Blick auf Erziehungsstile – mit Mitgefühl und ohne Bewertung

Der folgende Abschnitt bietet einen einfühlsamen Überblick über die vier klassischen Erziehungsstile. Es ist kein Test. Es ist eine Einladung zur Reflexion. Eine Gelegenheit, bewusst zu wählen – nicht aus Angst oder Gewohnheit, sondern aus deinen Werten heraus.

Die vier Erziehungsstile (und ihre emotionale Wirkung)

Erziehungsstile spiegeln wider, wie wir Wärme und Feinfühligkeit (Responsivität) sowie Grenzen und Erwartungen (Anforderungen) gestalten. Sie beeinflussen, wie sicher, gesehen und verstanden sich ein Kind in Beziehung fühlt.

1. Autoritativer Erziehungsstil

Verwurzelt in Verbindung. Geerdet in Klarheit.

Was das bedeutet: Du bietest liebevolle, verlässliche Struktur und reagierst feinfühlig auf die Signale deines Kindes. Du führst ohne zu kontrollieren. Du erklärst deine Entscheidungen. Deine Grenzen sind klar, aber weich gehalten.

Beispiel:

„Ich sehe, dass du wütend bist. Aber Schlagen tut weh. Lass uns eine andere Möglichkeit finden, wie du zeigen kannst, was du fühlst.“

Wahrscheinliche Wirkung: Kinder fühlen sich gesehen, gehört und gehalten. Sie entwickeln eine sichere Bindung – und damit das Vertrauen, die Welt zu erkunden, weil sie wissen: Jemand ist da.

2. Autoritärer Erziehungsstil

Klare Regeln. Wenig emotionale Resonanz.

Was das bedeutet: Regeln sind starr. Emotionen werden abgewertet oder ignoriert. Gehorsam wird erwartet – ohne Erklärung oder Mitgestaltung.

Beispiel: „Weil ich es sage.“ – oder Konsequenzen ohne Gespräch.

Wahrscheinliche Wirkung: Kinder gehorchen oft – aber aus Angst oder Unsicherheit. Emotionale Sicherheit wird zur Bedingung. Selbstausdruck kann riskant erscheinen.

3. Permissiver Erziehungsstil

Viel Herz. Wenig Halt.

Was das bedeutet: Du möchtest dein Kind vor Schmerz schützen – doch Grenzen zu setzen oder durchzuhalten fällt dir schwer. Oft gibst du nach, um Konflikte zu vermeiden.

Beispiel: „Na gut, dann eben noch eine Stunde Bildschirmzeit.“ (mal wieder)

Wahrscheinliche Wirkung: Kinder fühlen sich geliebt, haben aber oft Schwierigkeiten mit Frustrationstoleranz, Selbstregulation und Impulskontrolle – weil ihnen der Halt von außen fehlt.

4. Vernachlässigender Erziehungsstil

Unverbunden – oft ungewollt.

Was das bedeutet: Du fühlst dich möglicherweise überfordert, ausgelaugt oder emotional nicht erreichbar. Die Verbindung zum Kind ist minimal – nicht aus Mangel an Liebe, sondern oft aus Erschöpfung, Isolation oder fehlender Unterstützung.

Beispiel: Du bemerkst die emotionalen Signale deines Kindes nicht – oder ziehst dich regelmäßig zurück.

Wahrscheinliche Wirkung:

Kinder fühlen sich innerlich allein. Ohne verlässlichen Anker kann ihr Selbstwert und Sicherheitsgefühl ins Wanken geraten.

Sanfte Reflexion: Elternsein aus Werten, nicht aus Gewohnheit

Niemand erzieht perfekt – auch ich nicht.

Ich selbst habe mich im Laufe der Jahre in allen vier Stilen wiedergefunden – manchmal an einem einzigen Tag. Stress, Müdigkeit, Zeitdruck – all das bringt uns aus dem Gleichgewicht.

Doch die Momente, auf die ich als Mutter am stolzesten bin, sind nicht die, in denen ich alles „richtig“ gemacht habe. Sondern die, in denen ich innegehalten, hingeschaut – und aus meinen Werten heraus gehandelt habe, anstatt aus Autopilot.

Eine Einladung zur Selbstreflexion

Nimm dir einen Moment der Ruhe – und frage dich: Wenn es schwierig wird – wie reagiere ich normalerweise?

  • Wenn ich mich überfordert oder getriggert fühle – suche ich Kontrolle, Rückzug oder Verbindung?

  • Wann fühle ich mich am meisten im Einklang mit der Mutter / dem Vater, der ich sein möchte?

  • Was hilft mir, in herausfordernden Momenten ruhig und präsent zu bleiben?

  • Welche Werte möchte ich in die Elternschaft einbringen – gerade dann, wenn es schwer ist?

  • Welche Art von Beziehung wünsche ich mir, dass mein Kind sich später an mich erinnert?

Warum das gerade in der Autismus-Begleitung wichtig ist

Autistische Kinder gedeihen in Beziehungen, die gleichzeitig klar und feinfühlig sind. Sie profitieren von Eltern, die Struktur und Sanftheit, Klarheit und Verbindung geben können.

Der autoritative Stil – wo sich Grenzen mit Empathie verbinden – kann ein Rahmen sein, in dem Kinder wachsen, vertrauen und sie selbst sein dürfen.

Doch vergiss nicht: Du musst nicht perfekt sein. Du musst nur präsent sein.

Du darfst wachsen. Du darfst umdenken. Du darfst um Hilfe bitten.

Und du tust jetzt schon etwas Kraftvolles: Innehalten. Hinschauen. Und bewusst wählen